Grundsätzliche Strategien zur Verringerung von Wärmebrücken

Im folgenden können nicht alle in der Praxis auftretenden Wärmebrücken im einzelnen behandelt und jeweils Lösungsvorschläge dargestellt werden.
Grundsätzlich sollte die wärmedämmende Hülle die beheizten Gebäudeteile vollkommen lückenlos umschließen, sodaß man in jedem beliebigen Gebäudeschnitt mit einem Stift eine durchgängige Linie der Dämmung um die ganzen beheizten Gebäudeteile ziehen kann. Die Dämmwirkung sollte dabei nach Möglichkeit überall sehr gut sein.
Das ist aus statischen Gründen, wie das Beispiel der auf der Kellerwand aufsitzenden Außenwand zeigt, in einem Gebäude nicht immer zu 100% einzuhalten. An klar begrenzten Ausnahmestellen sind daher etwas verringerte Dämmwirkungen zulässig.

Stiegendetail Arch. Raimund Rainer, Haus Föry-Dlaska:
Thermische (und akustische) Trennung der zum Keller gedämmten Stiege im Auflager mit elastischen Auflagerplatten. Entkoppelung der außen gedämmten Mauer von der kalten Kellerdecke mit Porenbetonsteinen.

 
Vermeidungsregel

Ist eine Wärmebrücke vielleicht nicht doch vollständig zu vermeiden?
Beispiel: Ein Balkon oder eine Flügelmauer kann konstruktiv getrennt vorgestellt werden. Erfahrungen und Bautraditionen anderer Länder (z.B. Schweden) zeigen hier für Österreich noch erhebliche Sparpotentiale auf. Am besten wird der Balkon völlig getrennt vor die Fassade gestellt.


Balkon - Passivhaus Caldonazzi

Beispiel für einen vollständig konstruktiv getrennten Balkon am Passivhaus Caldonazzi in Amerlügen/Frastanz (HEB < 10 kWh/m²a).


(Quelle: Wärmebrücken, Luft- und Winddichte)

 

Durchstoßungsregel

Wohnhaus Mitterweg Innsbruck:
Isokörbe vor Anbringung der umlaufenden Balkone und der Außendämmung

Wenn Bauteile, die dämmende Hüllen durchstoßen, nicht vermieden werden können, so sollte in der Reihenfolge der nachfolgenden Regeln versucht werden, die Wärmebrückenwirkung zu verringern:
Thermische Trennung mit hochwertigem Material.
Beispiel Balkonplatte: Balkon als auskragende Stahlbetonplatte. Die "klassische", extrem wirksame Wärmebrücke: Die Dämmung wird durch die sehr gut wärmeleitende Stahlbetonplatte durchstoßen. Die große Oberfläche des Balkons führt die Wärme wie eine Kühlrippe an die Außenluft ab. Die Folgen sind eine starke Auskühlung der Decke in den Räumen und häufig Feuchteschäden. Besser ist es, den Balkon auf Konsolen punktförmig aufzulagern. Diese bilden zwar ebenfalls Wärmebrücken, jedoch wird die Dämmung nur auf einer kleineren Fläche unterbrochen

Bei frei auskragenden Balkonen wird je nach Auskragung und damit Dichte der verlegten Bewehrung mit dem gedämmten Nirosta-Bewehrungskorb eine durchschnittliche Leitfähigkeit für Dämmstoff inklusive anteiliger Zug- und Druckbewehrung von l = 0,09-0,15 W/mK erzielt; gegenüber den 2,3 W/mK für die durchgehende Stahlbetondecke! Nirosta-Stahl mit einem l von 13 W/mK leitet Strom wie Wärme um den Faktor 4 schlechter als gewöhnlicher Baustahl.

Foto Fa. Schöck

Dargestellt wird ein Isokorb.
(Quelle: Wärmebrücken, Luft- und Winddichte)

Verwendung von Materialien mit möglichst geringer Wärmeleitfähigkeit für das durchstoßende Bauteil.

 

Umhüllungsregel

Wenn die beiden vorausgehenden Regeln nicht angewendet werden können, so läßt sich notfalls ein durchstoßendes Bauteil über eine gewisse Entfernung vom Durchstoßpunkt hinaus dämmen. Dieser Notbehelf ist aber weniger wirkungsvoll und im Allgemeinen teurer.

Das Haupteinsatzgebiet für die Umhüllungsregel stellt die Althaussanierung dar, wo nicht alle durchgehend betonierten Balkone abgeschnitten werden können. Einer der wenigen Bereiche, in denen der Wintergarten eine wirkliche Optimierung bedeutet, sind die in der Nachkriegszeit errichteten Balkone und Loggien. Oft wurden dort sogar Seitenwände oder Brüstungen und nicht nur die Balkonplatte durchgehend betoniert!
So bilden zahlreiche zwischen den Jahren 1960 und 1980 in Großwohnbauten errichtete Balkone und Terrassen ein ideales Einsatzgebiet für die Einhausung mit Wärmeschutzglas.
Die Einhausung durch Wintergärten bedarf auf jeden Fall der kompetenten Planung, um Komfort und Bauphysik zufriedenstellend zu gestalten. Diese muß auch berücksichtigen, daß durch die zweite Verglasungsebene ein deutlicher Lichtverlust (meist >60%) für die hinter dem Wintergarten liegenden Räume gegeben ist. Eine einpackende Sanierung solcher herausragender Bauteile - nur durch Dämmung - ist imstande, die Wärmebrücken bauphysikalisch zu entschärfen - die inneren Oberflächentemperaturen werden angehoben. Der Wärmestrom durch die Wärmebrücke wird dadurch nur unzureichend (ca. 20-40%) verringert.


Keller - Dämmung

Baustelle Arch. Jenewein:
Der gesamte Keller ist außen gedämmt und ruht auf einer 15 cm starken Dämmplatte, somit ist die Dämmung lückenlos auch um die beheizbaren Kellerräume geführt (zusätzlich wurde noch die Kellerdecke gedämmt und entkoppelt, da nur eine gelegentliche Beheizung des Kellers geplant ist).

(Quelle: Wärmebrücken, Luft- und Winddichte)

 

Anschlußregel

Die Dämmstofflagen verschiedener Bauteile sollen an den Stoßstellen nahtlos ineinander übergehen.
Wenn unterschiedlich starke Dämmungen an Anschlüssen aneinandergrenzen, dann sollten die Dämmlagen möglichst an ihren Mittellinien ineinander übergehen.

Beispiel: Übergang der Außenwanddämmung in die Dämmung der Dachschräge oder ein Fenster, das optimal in die Ebene der Außenwanddämmung eingebaut wird.
Eine mögliche, aber kostspielige Alternative ist die Überlappung der Dämmstofflagen.


Einbau - Kastenfenster

DI Arch. G. Wehinger für die V.Ö.Z. Broschüre "Zweischalen-Mauerwerk für Niedrigenergie- und Passivhäuser": optimierter Einbau des Kastenfensters in Lage der Dämmstoffebene.


(Quelle: Wärmebrücken, Luft- und Winddichte)

 

Geometrieregel

Die Winkel, unter denen Außenbauteile aneinanderstoßen, sollten möglichst stumpf sein. Spitze Winkel bringen eine erhöhte geometrische Wärmebrückenwirkung.
Jede Vergrößerung der Außenoberfläche des gleichen beheizten Volumens hat "Wärmebrückenwirkung" und ist deshalb sorgfältig in ihrer Wirkung abzuwägen.

Bei korrekter Detailausbildung können fast alle Wärmebrücken vermieden, zumindest aber ihre Auswirkungen entschärft werden. Für Gebäude mit Dämmstärken nahe der Passivhausqualität (20-30 cm Dämmung im Wandbereich, 30-40 cm Dachdämmung, Dreifach-Wärmeschutzverglasung) bedeutet auch nur eine nicht vermiedene Wärmebrücke eine ursächliche Störung des Gesamtkonzeptes. Ohne Wärmebrückenvermeidung wäre eine Dämmung in diesem Ausmaß tatsächlich sinnlos, wie es gerne von vielen Dämmgegnern behauptet wird.
Auch die Optimierung von Bauteilen, die früher als Wärmebrücken gar nicht ins Bewußtsein der Planer gerückt sind, erlangt bei neuen Gebäudekonzepten aus energetischer Sichtweise zunehmend Bedeutung: Der Bereich Fenstereinbau, Rahmen, Glasrand wird zunehmend zum schwächsten Element im sonst durchgängig guten Schirm der Wärmedämmung rund um die beheizten Gebäudeteile, ebenso wie beim Leichtbau, wo manche bauphysikalisch unbedenkliche Lösungen energetisch Nachteile aufweisen.

siehe weiter Dämmung von Fenster und Türen   
Dämmung von Kellern und Wänden, Vermeidung von Wärmebrücken    
Dämmmaterialien 
Grundsätzliche Strategien zur Verringerung von Wärmebrücken      
Luft- bzw. winddichte Schichten  
Luft- & Winddichtungskonzept    
Styropor - Ökologische Aspekte   
Berechnung des U-Wertes einer Wand mit Dämmung

 

 

 

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